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2009-04-15

TOSCA, New Album "No Hassle" - INTERVIEW (für The Gap)




"WIR SIND EINE KIRCHENBAND!"

Die von den beiden Jugendfreunden Richard Dorfmeister und Rupert Huber betriebene Musikgruppe Tosca gehört seit ihrer Gründung in den 90er Jahren zu den wichtigsten Aushängeschildern des vielbesagten Wiener Elektronik-Sounds.

Wiener Elektronik-Sound: Eine Musikrichtung die international große Wellen schlug, da sie innovativ und nie dagewesen dubbige Funk-Grooves, ambientöse Soundscapes und Downbeat verband. Toscas bisheriger Output war soundästhetisch immer von einer Entspanntheit geprägt, aber was ihre Beats betraf war die Nähe zum Club doch immer gegeben. Mit ihrem neuen Album „No Hassle“ soll sich das nun ändern.

Moogle und Laminat traffen im Auftrag des Popkultur-Magazins 'The Gap' Richard Dorfmeister und Rupert Huber zu einem netten Gespräch im hauseigenen Studio des G-Stone-Labels und unterhielten sich mit den beiden über den Schritt weg vom Club, ihr Live-Konzept und den schmalen Grad zwischen absoluter Langeweile und musikalischer Tiefe.


Nach dem ersten Hören eurer neuen Platte waren wir ein wenig überrascht über die Soundästhetik, da sie im Vergleich zu den Vorgänger-Alben von einem anderen Gestus geprägt ist. Kann man das so stehen lassen?

Dorfmeister: Wie meinst du überrascht?

Wenn man das so sagen kann, weniger Club orientiert, ruhiger als die letzen Tosca-Platten.

Dorfmeister: Schön, dass das mal jemandem auffällt. Ich hatte bis zu letzt den Eindruck, dass diesem Umstand niemand checkt und dass alle sagen werden, dass es sowieso wieder derselbe Scheiß ist. Es ist absichtlich so konzipiert, dass es nicht noch mal eine Wiederholung des alten Tosca-Sounds ist. Wir wollten ein bisschen weggehen von dem Ursprünglichen. Nicht wieder der derselbe Beat, nicht wieder ein Popsong.

Huber: Wir wollen ja auch keinen Job machen. Es ist kein 9 to 5 Ding.

Dorfmeister: Wie schon gesagt, wir wollten wegkommen von dem klassischen HipHop-Beat - es sollte schwebend sein. Vom Feeling her ist die ganze Platte mehr Percussion-orientiert.

Wie kam der neue Sound beim ersten Konzert (Ars Electronica 2008) nach der Langen Pause an?


Huber: Alles in allem ziemlich gut. Das Konzert fand im Dom in Linz statt und wurde zwei Mal aufgeführt, da die Räumlichkeit auf 300 Personen limitiert ist.

Dorfmeister: Die Akustik in solchen Bauten ist ziemlich speziell und eine interessante Herausforderung. Im Winter ist es in Kirchen jedoch zu kalt zum Spielen, deshalb findet unsere Tour auch nur im Sommer statt. Wir wollen in speziellen Locations und eben auch in Kirchen spielen. Wir sind ja eigentlich eine Kirchenband! [Gelächter] Wir bewegen uns sozusagen zurück mit jedem Album und werden jünger. Jetzt sind wir schon ziemlich jung... [Lacht abermals herzhaft]

Also könnte man sagen, dass Tosca eine Art Jungbrunnen für euch beide ist?

Huber: Das ist aber ein gutes Schlagwort. Tosca ist ein Jungbrunnen…

Dorfmeister: Naja, Tosca ist halt unsere sogenannte Freezone bzw. eine geistige Befreiungsstufe, wenn man so will. Deswegen heißt das Album ja auch „No Hassle“.

Huber: Einfach Loslassen eben...

Aber ist es dann nicht schwierig sich nicht irgendwo zu verlieren? Es soll doch für den Hörer knackig und kompakt klingen, oder nicht?!

Huber: „No Hassle“ heißt ja nicht, dass man es auf die leichte Schulter nimmt. Sondern dass man sich nicht stressen lässt oder unnötige Ängste aufbaut.



Wie schaut die Live-Umsetzung konkret aus?

Dorfmeister: Ich mach Dubs und spiele Synthesizer dazu. Fritz Fitzke macht ausgefeilte und aufwendige Visuals. Wir haben auch ein spezielles Soundkonzept für spezielle Räume entwickelt. Die Show liegt mehr im „Wegtrippen“, also nicht das gewohnte Club-Ding.

Huber: Ich spiele Klavier, nehm das mit dem Laptop auf, mache Piano-Dubs und schick die Stimmen durch den Raum. Das alles in Zusammenhang mit den Live-Visuals.

Klingt wie eine Art Audiomassage für das Publikum?


Dorfmeister: Genau, wir sind immer an der Kippe zur kompletten Langeweile, das ist die Trennlinie! Es soll richtig relaxing sein, aber eben nicht komplett boring! Bei dem Ars Electronica-Gig hat das gut geklappt.

Das Album klingt, wie vorher schon erwähnt, weniger cluborientiert. Warum der Schritt weg vom Club hin zu ruhigeren Gefilden, in denen der Hörer den Raum hat, sich zurückzulehnen und die Musik auf sich wirken zu lassen?

Dorfmeister: Als erstes auf jeden Fall aus dem Phänomen heraus, dass die eigentliche Clubmusik eigentlich auf 120 bis 130 bpm läuft und die letzten Jahre soundmäßig sehr Minimal-orientiert waren und in neuester Zeit sehr ravig geworden ist. Wir waren ja sowieso nie eine echte Clubband. Das was wir gemacht haben, hat eine zeitlang in das so genannte Midtempo-Konzept gepasst, aber die Zeiten haben sich geändert und man will sich ja auch weiterentwickeln. Tosca-Musik ist ja auch kein echter Dance-Sound. Wenn wir versuchten, Club-Sound zu programmieren, würde das nicht klappen.

Huber: Wir haben ja auch nie daran gedacht eine Nummer zu schreiben, die gut im Club funktioniert und deshalb dann ein riesiger Erfolg wird. Das ist einfach nicht die Idee hinter Tosca.

Hattet ihr nicht das Gefühl als wärt ihr von der Presse ein wenig in das Clubeck gestellt worden? Ihr seid ja schon des Öfteren in einem Atemzug mit der sog. Wiener Schule genannt worden und da ist die Nähe zum Club doch präsent.

Huber: Diese Termini kommen und gehen doch: Zuerst war es der „Wiener-Sound“, dann hieß es „Electronica“ und plötzlich sprachen alle von „Kaffeehaus- oder Hotellobby-Sound“.

Dorfmeister: Fahrstühle fehlen noch! [lacht] Ich glaube, die Fortsetzung von Tosca wird noch schräger bzw. noch untypischer in Bezug auf den Wiener-Lounge-Sound. Wir wollen noch mehr weg von dem Konzept des Songs. Es sollte noch mehr in Richtung Sound-Oper gehen. Ein wenig wie The Orb früher war. Eine logische Fortsetzung von dieser Tosca-Platte natürlich. Noch ist alles ziemlich definiert. Unser Sound soll sich dann in dich hinein graben.

Huber: Der Hörer soll sehr viel Platz haben und als ein Teil mitschwingen!

Wie schauts mit der Verteilung von Found-Sound bzw. Field Recordings zu fixen Soundquellen auf dem Album aus? Kommt eines davon stärker zum Tragen oder ist die Verteilung ausgeglichen? Oder regiert hier noch der Zufall?

Huber: 20/80. Ungefähr.

Dorfmeister: Die vielen Grundlayer sind meistens Field-Recordings, Straßenlärm aus Istanbul oder der Bus vor unserem Studio. Aber was wir selber mit Instrumenten einspielen ist uns sehr wichtig und kommt daher stärker zum Tragen.

Sind die Einflüsse der Stadt Wien heute noch präsent? Also auf den Sound, die Szenerie und deren Synergien bezogen.


Dorfmeister: Nachdem der Vertrieb Soul Seduction eingegangen ist, gab es einen riesigen Cut in der Szene, weil dann plötzlich eine Plattform für den Wiener Sound gefehlt hat. Viele Musiker sind noch da und aktiv, aber der Hype darum ist weg.

Wie sieht es jetzt vertriebsmäßig aus?

Huber: Wir haben jetzt einen Bauchladen und gehen nach den Konzerten herum und verhöckern unsere Platten, Markschreiermässig quasi! [lacht laut]

Dorfmeister: Wir setzen vor allem immer mehr auf den digitalen Verkauf über die Website.

Huber: Aber das neue Tosca-Album gibt es schon wieder auf Vinyl, ausnahmsweise in limitierter Auflage von !K7.

Wird es wie für die Vorgänger-Platten wieder ein Remix-Album geben?

Dorfmeister: Das wird Anfang nächsten Jahres kommen. Wir sind gerade dabei die Remixer auszuwählen. Wir suchen nach Musikern, denen die Musik gefällt und bei denen es soundmässig eine logische Connection gibt.


„No hassle“ von Tosca erscheint am 17.04.09 auf !K7 im Vertrieb von Hoanzl. Live zu bewundern ist die Gruppe am 24.04.09 in der Minoritenkirche Wien und am 22.05.09 beim Springfestival Graz – Springnine im Stefanien Saal. Weitere Informationen, Hörproben und Tour-Daten erhält man auf www.g-stoned.com/artists/tosca oder www.tosca-nohassle.com

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